Tiefenseele Podcast

Die Weisheit des Märchens: Tischlein deck dich, Teil 1

Johannes Heim Season 1 Episode 17

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Wie bringt ein unersättlicher Ziegenbock das ganze Familiengefüge zum Einsturz? Willkommen zu einer neuen Episode des Tiefenseele-Podcasts! Heute diskutieren Jeannette Fischer und ich, Johannes Heim, das Märchen "Tischlein deck dich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack" und die tiefenpsychologische Bedeutung der Vater-Sohn-Dynamik. Was verbirgt sich hinter der ständigen Unzufriedenheit der Ziege und den darauf folgenden Bestrafungen durch den Vater?

Im zweiten Teil unserer Diskussion tauchen wir tief in die symbolische Bedeutung der Ziege ein. Was passiert, wenn ein Vater seine unerfüllten Bedürfnisse und seinen Selbstwert auf seine Kinder projiziert? Wir analysieren, wie die Abwesenheit einer Mutterfigur und die ständigen unerfüllten Ansprüche der Ziege ein wiederkehrendes Muster schaffen, das zu wiederholten Konflikten und narzisstischen Kränkungen führt. 

Zum Abschluss erörtern wir die tiefenpsychologische Interpretation der Ziege als Symbol für den Minderwertigkeitskomplex des Schneiders. Begleiten Sie uns auf dieser faszinierenden Reise durch ein Märchen voller psychologischer Tiefe und Symbolik.

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Hast du Anregungen oder Fragen? Möchtest du Feedback geben oder ein Thema vorschlagen?

Dann schreibe mir gerne unter: heim@hermes-institut.com

Speaker 1:

Hallo und herzlich willkommen zum Tiefenseele-Podcast. Mein Name ist Johannes Heim, und ich spreche heute mal wieder mit meiner lieben Freundin und Kollegin, der Psychoanalytikerin Jeannette Fischer aus der Schweiz.

Speaker 2:

Grüezi Johannes, hallo liebe.

Speaker 1:

Jeannette, Danke für die Einladung. Ja, wir wollen heute mal wieder sprechen über ein Märchen, Jeannette.

Speaker 2:

Ich weiss gar nicht, wer auf die Idee kam aber magst du mal sagen, mit was wir anfangen wollen, heute so weiblich lastig waren, und du wolltest da mal etwas, einen anderen Treif reinbringen, einen männlichen Treif reinbringen.

Speaker 1:

Ja, tatsächlich stimmt, ich erinnere mich.

Speaker 2:

Und so haben wir das gewählt. Hast du das vorgeschlagen?

Speaker 1:

Genau, es stimmt tatsächlich so. Die letzten Märchen, die wir hatten, die waren ein bisschen mit weiblichen Protagonistinnen gesegnet, sozusagen Mädchenmärchen, Und jetzt geht es um gleich die dreifache männliche Initiation Im Tischlein. Deck dich dem Goldesel und dem Knüppel aus dem Sack. Ich bin gespannt, was wir daraus machen. Liebe Jeannette, Magst du mal anfangen vorzulesen.

Speaker 2:

Ja gerne. Vor Zeiten war ein Schneider, der drei Söhne hatte und nur eine einzige Ziege. Aber die Ziege, weil sie alle zusammen mit ihrer Milch ernährte, musste ihr gutes Futter haben und täglich hinaus auf die Feide geführt werden. Die Söhne taten das auch noch der Reihe nach. Einmal brachte sie der Älteste auf den Kirchhof, wo die schönsten Kräuter standen, die sie da fressen und herumspringen. Abends, als es Zeit war heimzugehen, fragte er Ziege, bist du satt? Die Ziege antwortete ja, ich bin satt, ich mag kein Blatt mehr. Mäh, mäh, so komm noch aus, sprach der Junge, fasste sie am Strickchen, führte sie in den Stall und band sie fest.

Speaker 2:

Nun sagte der alte Schneider hat die Ziege ihr gehöriges Futter? Oh, antwortete der Sohn, die ist so satt, sie mag kein Blatt. Der Vater aber wollte sich selbst überzeugen, ging hinab in den Stall, streichelte das liebe Tier und fragte Ziege, bist du auch satt? Die Ziege antwortete wovon sollte ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein und fand kein einziges Blättelein. Mäh, mäh, was muss ich hören? rief der Schneider, lief hinauf und sprach zu dem Jungen Ei, du Lügner Sagst, die Ziege wäre satt und hast die hungern lassen. Und in seinem Zorne nahm er die Elle von der Wand und jagte ihn mit Schlägen hinaus. Soll ich weiterlesen?

Speaker 1:

Ich überlege gerade Ja, vielleicht oder.

Speaker 2:

Vielleicht machen wir mal so den.

Speaker 1:

Abschnitt mit den drei Söhnen. Das ist ja, so ein einzelner Handlungsabschnitt im Märchen.

Speaker 2:

Am anderen Tag war die Reihe am zweiten Sohn. Der suchte an der Gartenhecke einen Platz aus, wo lauter gute Kräuter standen, und die Ziege fraß sie rein ab. Abends, als er heim wollte, fragte er Ziege, bist du satt? Die Ziege antwortete ich bin so satt, ich mag kein Blatt. Mäh mäh, so, komm nach Haus. Sprach der Junge, zog sie Mäh mäh. Der Schneider wollte sich darauf nicht verlassen, ging hinab in den Stall und fragte Ziege, bist du auch satt? Die Ziege antwortete wovon soll ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein und fand kein einzig Blättelein. Mäh mäh, der gottlose Bösewicht, schrierie der Schneider. »so ein frommes Tier Hunger zu lassen«, lief hinaus und schlug mit der Elle den Jungen zur Haustüre hinaus. Die Reihe kam jetzt an den dritten Sohn. Der wollte seine Sache gut machen, suchte Buschwerk mit dem schönsten Laube aus und ließ die Ziege daran fressen. schönsten Laube aus und ließ die Ziege daran fressen. Abends, als er heim wollte, fragte er Ziege, bist du auch satt? Die Ziege antwortete ich bin so satt, ich mag kein Blatt. Mäh mäh, so komm noch raus. Sagte der Junge, führte sie in den Stall und band sie fest. Nun sagte der alte Schneider hat die Ziege ihr gehöriges Futter? Oh, antwortete der Sohn, die ist so satt, sie mag kein Blatt. Der Schneider traute nicht, ging hinab und fragte Ziege, bist du auch satt? Das boshafte Tier antwortete Wovon sollte ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein und fand kein einzig Blättelein. Mäh, mäh Oh die Lügenbrut, rief der Schneider, einer so gottlos und pflichtvergessen wie der andere. Ihr sollt mich nicht länger zum Narren haben. Und vor Zorn, ganz außer sich, sprang er hinauf und gerbte dem armen Jungen der Elle den Rücken so gewaltig, dass er zum Haus hinaus sprang.

Speaker 2:

Der alte Schneider war nun mit seiner Ziege allein. Am anderen Morgen ging er hinab in den Stall, liebkoste die Ziege und sprach komm, mein liebes Tierlein, ich will dich selbst zur Weide führen. Er nahm sie am Strick und brachte sie zu grünen Hecken und unter Schafrippe und was sonst die Ziegen gerne fressen. Da kannst du dich einmal nach Herzenslust sättigen, sprach er zu ihr und ließ sie weiden bis zum Abend. Da fragte er Ziege, bist du satt? Sie antwortete ich bin so satt, ich mag kein Blatt. Mäh, mäh, so.

Speaker 2:

Komm nach Haus, sagte der Schneider, führte sie in den Stall und band sie fest. Als er wegging, kehrte er sich noch einmal um und sagte nun bist du doch einmal satt. Aber die Ziege machte es mit ihm nicht besser und rief wie sollte ich satt sein. Ich sprang nur über Gräbelein und fand kein einzig Blättelein, mäh, mäh. Als der Schneider das hörte, stutzte er und sah wohl, dass er seine drei Söhne ohne Ursache verstoßen hatte. Wart, rief er, du undankbares Geschöpf. Dich fortzujagen, ist noch zu wenig. Ich will dich zeichnen, dass du dich unter ehrbaren Schneidern nicht mehr darfst sehen lassen, dass du dich unter ehrbaren Schneidern nicht mehr darfst sehen lassen. In einer Hast sprang er hinauf, holte sein Bartmesser, seifte der Ziege den Kopf ein und schor sie so glatt wie seine flache Hand. Und weil die Elle zu ehrenvoll gewesen wäre, holte er die Peitsche und verletzte ihr solche Hiebe, dass sie in gewaltigen Sprüngen davonlief.

Speaker 1:

Genau Mal bei Sierherr, oder Ja, okay, du hast vorgelesen. Vielen Dank, das war ein zu langer Abschnitt. Dann fange ich mal an. Es ist ja ein bisschen kompliziert, glaube ich, da einen Einstieg zu finden in das Märchen, wenn wir sozusagen einen Schlüssel nicht haben Und ich habe früher schon mal über dieses Märchen nachgedacht, muss ich dazu sagen ist für mich nicht ganz spontan. Von der Familiendynamik her ist das und ich sage gleich, was ich denke, was der Schlüssel ist, um dieses Märchen zu verstehen sozusagen vom Zugang her. Wir haben ja von der Familiendynamik her einen Vater und drei Söhne. Was mir jetzt am Anfang gleich schon mal auffällt, ist, es wird keine Mutter benannt. Es geht hier also in diesem Märchen um die Vater-Sohn-Dynamik, ja um eine Familiendynamik, also zwischen dem Vater und dem Sohn oder den Söhnen, und da sind das im Prinzip ja drei Muster, wie wir noch im Verlauf des Märchens sehen werden. Also vom Schneider aus ist das Muster immer das Gleiche, das wiederholt sich nämlich, und eigentlich ist es erst der Jüngste, der wirklich die Erneuerung bringt und dieses Muster dauerhaft verändern wird.

Speaker 1:

Am Ende des Märchens Janett, mich würde gleich mal interessieren, wie du das siehst, aber ich glaube, dass wir die Ziege begreifen müssen als dem Schneidermeister beigeordnet. Es ist also ein Teil, sozusagen intrapsychisch ein Teil von diesem Schneidermeister. Und wenn ich versuche, das zu begreifen, dann würde ich sagen, es ist so, dass diese Ansprüche der Ziege sind ja nicht zu befriedigen, und diese Ziege ist eigentlich so was wie ein unbewusster, ein abgespaltener, triebhafter Teil. Das ist ja eine Ziege, also ein Tier, also ein Tierwesen, ein Triebteil, ein Triebanteil von dem Schneidermeister, und der ist nicht zu sättigen, der ist unmöglich zufriedenzustellen. Und das wiederholt sich wie in so einer Dauerschleife, sowas wie ein zyklisches Muster, das sich immer wiederholt Der Wiederholungszwang, der Psychodynamische, den finden wir ja auch bei psychischen Störungen anderer Couleur.

Speaker 1:

Aber der Wiederholungszwang heißt der ihr seid mir nicht gut genug, ihr kümmert euch nicht gut genug, ihr gebt mir nicht das, was ich haben will. Also beende ich die Beziehung und jag euch aus dem Haus. Das ist tragisch, das ist eigentlich eine fürchterliche Vater-Sohn-Beziehung, auch weil der Schneidermeister selber darunter leiden wird oder selber darunter leidet, weil wenn er alle aus dem Haus gejagt hat, ist er ganz allein. Dann kommt die ganze Einsamkeit zum Tragen, und ich finde es spannend, dass dieser Schneidermeister, dass dieser Mann nicht in der Lage ist, seine Bedürfnisse selber zu befriedigen. So würde ich das verstehen. Er bringt also seine Ziege auf die Weide, und auch die wird nicht satt, und ich denke, das ist etwas, was seinen Selbst wehrt. No-transcript ist die Selbstobjekte, also die anderen Kinder und so weiter, die dazu dienen, den Selbstwert der Eltern aufzubessern, die können das auf Dauer nicht leisten, weil man von außen nicht das Loch stopfen kann, das im Inneren von einem Elternteil herrscht. Das wäre jetzt mal mein Eingangsstatement dazu.

Speaker 2:

Ja, das finde ich sehr interessant, kann ich eigentlich gut daran anknüpfen mit meinen Überlegungen. Für den Vater ist es eine Kränkung, genau das Selbstopjekt, wie du sagst, die drei Söhne, dass die das nicht machen, was er will, sondern eine, also anhand sichtbar an der Ziege, die macht ja, was sie will. die macht, das ist die Einzige, eigentlich, die macht, was sie will, oder sie terrorisiert die anderen, das ist auch eine Handlung und macht die Situation so, dass die anderen Das ist auch eine Handlung und macht die Situation so, dass die anderen eigentlich immer, wie du sagst, versuchen, sie zu suetigen, aber es gelingt nicht. Und der Vater repräsentiert für mich auch diese narzisstische Kränkung. wenn das Selbstobjekt nicht so tut, wie er das für richtig befindet, dann ist er gekränkt, und dann wirft er das Selbstobjekt weg. Also, das heisst für uns eben auch. er hat mit diesen Söhnen gar keine andere Form der Bindung als diese Selbstobjektbindung, als diese Selbstobjektbindung.

Speaker 2:

Eine andere Form der Bindung wäre ja, er könnte ja sagen was habt ihr denn gemacht? wo habt ihr denn diese Ziege hingeführt? oder zeigt mal den Platz, oder hat sie wirklich nicht gegessen? Also, entweder befriedigt man diesen Schneider, oder man wird aus der Bindung raus entlassen, weggeschickt. Das finde ich hier sehr gut dargestellt, geschichte von Kain und Abel oder diese Paradiesgeschichte in den Sinn gekommen. Ich weiß jetzt nicht, ich habe das nicht durchdacht. das ist jetzt einfach assoziativ die Vertreibung auch aus dem Paradies, das geht ja auch ziemlich schnell und ohne Ambivalenzen.

Speaker 1:

Ja, stimmt Uns irgendwie auch das ja oft im Märchen, dass sozusagen die Katastrophe aber auch immer die Initiation in die reifere Stufe bedeutet, weil sie die Entwicklung anstößt. Wenn die jetzt einfach so dabei geblieben wären, die Jungs, und immer brav gehorsam gewesen wären, hätten sie sich gar nicht entwickeln können.

Speaker 2:

Ja, ja. Und dann stellt sich natürlich auch die Frage, die du gesagt hast also die Mutter wird gar nicht erwähnt. Also die kann man aber hier hinein assoziieren und denkt man, was wäre dann die Funktion der Mutter? Das ist ja eine mutterlose Geschichte. Also was wäre denn, was ist eigentlich die Funktion einer Mutter, wenn wir sie jetzt hier in diese Geschichte hinein platzieren? Also, steht sie für Bindung, steht sie für Liebe, steht sie für Beschwichtigung, oder steht sie dafür, dass sie eine Bindung hat, die keine Selbstobjektbindung ist? Also, das wissen wir alles nicht, aber die Mutter ist dennoch so präsent in ihrer Abwesenheit, dass man muss sie sich einfach hier reindenken Im Sinne, da muss doch ein Faktor der Fürsorge noch dabei sein oder ein Faktor der Gerechtigkeit.

Speaker 1:

Kommt auch, glaube ich, aber nicht in dieser Anfangssituation, nicht in dieser Exposition. Ich finde das total spannend, was du sagst, weil wenn wir sie rein fantasieren, dann würde ich sie rein fantasieren als die ausgleichende Position, die triangulierende Funktion, sagen wir dazu in der Psychoanalyse oder im psychodynamischen Denken. Die Mutter hätte ja die Aufgabe, diese reine Wenn-Dann-Beziehung wenn du nicht machst, was ich will, fliegst du halt raus. Ja, dieses Ordnung und Regeln, und so geht's, und nur so Dieses Rigide, was der Schneider ja auch hat, und in letzter Konsequenz bleibt er ja dann auch einsam zurück. Eine Mutter hätte jetzt die Funktion, diese Bindung zu halten, finde ich Also bei aller Kritik, trotzdem müssen wir euch nicht gleich rauswerfen.

Speaker 1:

Du darfst selber gehen, dem Nest gekickt werden oder im Nest alleine zurückgelassen werden, beides Mal ist die Entwicklung blockiert sondern die Jugendlichen müssen gehen. Das ist die Adoleszenzentwicklung. Ich muss soweit sein und gehen, ich muss gehen, ich muss die Eltern zurücklassen, und die müssen diese Trauer auch aushalten und bewältigen. Die dürfen nicht festhalten, sie dürfen aber nicht ihrerseits verlassen oder rauskicken, und das gelingt hier nicht. Also, diesem Schneidermeister gelingt es aufgrund seiner, ich denke ja, seiner tiefen, tiefen Wunde im Selbstwert ja, da sind wir wieder beim narzisstischen Thema gelingt es diesem Schneider nicht, ja, auch im Jugendalter also die Bindung zu halten, aber die Leine so lang zu lassen, dass die Jungs sozusagen mit diesem unsichtbaren Band zu ihm in die Welt gehen können, sondern er schneidet es durch und tritt sie aus dem Haus.

Speaker 2:

Ja, es ist. Letztendlich, wenn wir auf den Narzissmusversprechen kommen, ist es eine Panikreaktion, und in der Panik macht man ja eigentlich immer das Falsche. Er jagt die Söhne weg, dann bleibt er einsam zurück, also ohne Söhne, ohne Bindung, und auch die Ziege verletzt er, und die Ziege, das wird ja eingangs wirklich beschrieben, dass die lebensnotwendig ist, also da kennt er kein Pardon. Also, diese Panik ist eigentlich eine selbstdestruktive Aggression. Die ist auf jeden Fall nur selbstdestruktiv.

Speaker 1:

Naja. Also ich finde, für die Jungs ist das auch nicht so schön. Er zerstört ja auch die Kinder erst mal.

Speaker 2:

Ja gut.

Speaker 1:

Ich habe jetzt nur von ihm ausgeschaut.

Speaker 2:

Ihm bringt es keinen Gewinn, für ihn ist es ausschließlich selbstdestruktiv. Natürlich für die Jungen auch, da hast du recht.

Speaker 1:

Und dann muss er erkennen, als er versucht, seine Bedürfnisse selbst zu befriedigen. Das ist ja auch eine Entwicklung, die der Schneider macht, dass er überhaupt auf die Idee kommt. Okay, ich muss bei mir selber gucken. Ich nehme das mal als Bild dafür. Ich führe die Ziege selber auf die Weide, ich mache mich jetzt selber satt. Dann stellt er fest, dass er so überhöhte Ansprüche hat, dass er noch nicht mal selbst seine eigenen Ansprüche. Was machen wir denn aus dem Symbol, dass er die Ziege erschert? sie ja Rasiert. Sie rasiert ihr den Kopf, glaube ich war das oder Wie war das Bartmesser seifte der Ziege den Kopf ein und schor sie so glatt wie seine flache Hand. Das ist ja auch ein total apartes Bild, jeannette. Wie verstehst du das?

Speaker 2:

Ja, also mir kommt einfach die zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg wurden ja die Frauen, wurden den Frauen die Haare geschnitten, also wirklich Attribut sind eine Verführungsmöglichkeit oder lange, schöne, gewählte Haare, und wenn die natürlich weg sind, dann ist das auch eine Form der Kastration. Also hier ist es sicher im Sinn der Kastration, also hier ist es sicher im Sinn einer Kastration gemeint. Also in beiden Fällen, die ich jetzt gesagt habe, mit den Frauen, ist es auch eine Kastration, also eine Strafe. Wieso er da jetzt auf den Kopf kommt und auf dieses Scheren, also alle Haare wegscheren, das weiss ich nicht. Also, wie bringst du das mit seinem Inneren in Verbindung?

Speaker 1:

Ich musste tatsächlich an Samson denken. Also ganz ähnlich wie du mit Kastration In der Bibel wird ja dieser quasi Superheld Samson, der kriegt ja die Haare auch rasiert und verliert dadurch seine Potenz. Ich verstehe die Ziege ein bisschen sozusagen als seinen Minderwertigkeitskomplex. Und dieser Minderwertigkeitskomplex, der wird sozusagen einerseits ist ja nicht nur eine Depotenzierung über das Enthaaren, sondern auch ein Sichtbarmachen. Also eine glatt rasierte Ziege fällt echt auf, und er sagt es ja auch, damit du nicht mehr unter ehrbaren Leuten oder Schneidermeistern und so weiter und so weiter, weil die erkennen dich sofort. Also ich habe den Eindruck, dass es ja tiefenpsychologisch gesprochen so was wie eine Komplexentladung ist. Also der Schneidermeister hat eine Einsicht und erkennt oh, meine Söhne sind das ja gar nicht, ich bin es ja selber.

Speaker 1:

Die Projektion nimmt er zurück. Er projiziert nicht mehr seine eigene Minderwertigkeit auf die Jungs, sondern nimmt das zu sich zurück und macht es jetzt bewusst, macht es immer sichtbar. Sobald die Ziege wieder vor seiner Tür steht und sagt, ich bin ja nicht genug und so weiter, du hast mich nicht satt gemacht, dann merkt er sofort oh, die ist das. Also das würde ich schon im positiven Sinne auch so deuten, dass das ein Stück der Bewusstheit ist und auch der Komplexentladung, der Kastration im Sinne von Depotenzierung. Das heißt also, diese unbewusste Konfliktdynamik, die ist nicht mehr so aufgeladen beim Schneidermeister. Ein zweites Mal würde er sie jetzt nicht mehr rausschmeißen, weil er nicht mehr sozusagen diesen ganzen Selbsthass auf die anderen projiziert. Das wäre jetzt mein Verständnis davon.

Speaker 2:

Ja, ja, ja, Das leuchtet mir ein. Ich sehe, dass noch einmal eine Runde externalisiert er es mit der Ziege und diesem geschorenen Kopf. Es kommt mir so ein bisschen vor wie also die Ziege ist auch sein Selbstobjekt, oderjekt, und die macht aber, was sie will. Also die lügt, das ist eine autonome Handlung, die macht, was sie will, sie unterwirft sich also nicht als Selbstobjekt, sondern sie nutzt ihn. Also sie hat ihn eigentlich im Griff.

Speaker 2:

Die Ziege hat den Schneider im Griff, würde ich jetzt sagen, und er merkt dass. In diesem Moment merkt er, dass die ihm also nicht mehr dienstbar ist. Er liebkostet sie. Ja, komm, mein liebes Tierlein, ich will dich selbst zur Weide führen. Er liebkostet die Ziege. Stand, steht da im Märchen. Also es gibt so eine erotische Geschichte, habe ich das Gefühl, und für mich ist eigentlich die Ziege wie eine Art seine Hure, die ihn beglückt bisher und das Objekt seiner selbst ist. Er wird ja bedient, man wird ja bedient von der Hure, und jetzt macht die aber plötzlich, was sie will, diese Ziege, und jetzt kastriert er sie. Also er kastriert eigentlich die Hure, die ihn vorher bedient hat, als Strafe. In diesem Sinne bin ich wieder mit dir einig. Letztendlich kastriert er sich dann selbst, oder?

Speaker 1:

Ja, kann ich nachvollziehen. Das wäre noch mal die Doppelung der narzisstischen Selbstobjektdynamik, Die Auslöschung der Differenz. Übrigens auch Ich zitiere dich mal wieder, Janett Die Auslöschung der Differenz oder Die macht, was sie will. Also muss sie weg, Die Entwicklung betonen, die der Vater macht, weil es geht ja weiter und auch in der Lage ist, dass sein Fehlverhalten und das Nichtgehabte und so weiter und die Unfähigkeit, sich selber zu befriedigen, seine eigenen Bedürfnisse zu stillen, dieses tiefe Loch in sich zu stopfen, das ist er in der Lage zu betrauern, Und das ist ja auch etwas, das wir in der psychodynamischen Psychotherapie in der Psychoanalyse auch als wichtigen Prozess sehen.

Speaker 2:

Dass, das Nichtgehabte, das Leiden usw, dass das betrauert werden kann, er einen grossen Schritt. Er hätte ja panisch seine Söhne wieder suchen können und sie zurückholen im Sinne, da habe ich meine Selbstobjekte wieder. dann geht es weiter wie bisher, aber der Satz ist ganz anders formuliert. Er verfiel in grosse Traurigkeit und hätte seine Söhne. also es wird in dieser hätte-Form, in der Möglichkeitsform wird das gehalten, er hätte sie gerne wieder gehabt. Es steht hier nicht, er will sie unbedingt wieder haben. Also das finde ich wahnsinnig gelungen. In einem Satz kommt eigentlich was wir in der Psychoanalyse über Jahre hinweg erarbeiten, kippt der um in einem Satz. Er ist dann schon dort, wo er seine Einsamkeit aushält Und nicht mit Panik oder mit Gewalt die Söhne zurückholt.

Speaker 1:

Heim ins Reich auch die Söhne jetzt zurückkommt.

Speaker 2:

Ja, heim ins Reich.

Speaker 1:

Heim ins Reich? Genau, und das ist etwas, was den Söhnen auch ihre Entwicklungsschritte ermöglicht, mit all den Belastungen, die sie mitbringen, wie wir gleich noch sehen werden. Aber es ist die Möglichkeit, dass etwas Neues entsteht und dass die Söhne ein Stück weit innerlich auch erwachsen werden. Ich lese mal weiter vor okay, oder möchtest du?

Speaker 2:

noch was sagen? Ja gerne, Sehr gerne.

Speaker 1:

Also, ich wiederhole jetzt diesen schönen Satz nochmal, liebe Zuhörer, damit das klar ist, dass der sehr wichtig ist. Der Schneider, als er so ganz einsam in seinem Hause saß, verfiel in große Traurigkeit und hätte seine Söhne gerne wiedergehabt, aber niemand wusste, wo sie hingeraten waren. Der Älteste war zu einem Schreiner in die Lehre gegangen. Da lernte er fleißig und unverdrossen, und als seine Zeit herum war, dass er wandern sollte, schenkte ihm der Meister ein Tischchen, da es gar kein besonderes Ansehen hatte und von gewöhnlichem Holz war, aber es hatte eine gute Eigenschaft. Wenn man es hinstellte und sprach Tischchen, deck dich. So war das gute Tischchen auf einmal mit einem sauberen Tüchlein bedeckt und stand da ein Teller und ein Messer und Gabel daneben und Schüsseln mit gesottenem und gebratenem so viel Platz hatten und ein großes Glas mit rotem Wein leuchtete, das einem das Herz lachte.

Speaker 1:

Der junge Gesell dachte damit hast du genug für deinen Lebtag, zog guter Dinge in die Welt umher und bekümmerte sich gar nicht darum, ob ein Wirtshaus gut oder schlecht und ob etwas darin zu finden war oder nicht. Wenn es ihm gefiel, so kehrte er gar nicht ein, sondern im Felde, im Wald, auf einer Wiese, wo er Lust hatte, nahm er sein Tischchen vom Rücken, stellte es vor sich und sprach deck dich. So war alles da, was sein Herz begehrte. Endlich kam es ihm in den Sinn, er wollte zu seinem Vater zurückkehren. Sein Zorn würde sich gelegt haben, und mit dem Tischchen decktig würde er ihn gerne wieder aufnehmen. Es trug sich zu, dass er auf dem Heimweg abends in ein Wirtshaus kam, das mit Gästen angefüllt war. Sie hießen ihn willkommen und luden ihn ein, sich zu ihnen zu setzen und mit ihnen zu essen, sonst würde er schwerlich noch etwas bekommen. Nein, antwortete der Schreiner, die paar Bissen will ich euch nicht vor dem Munde wegnehmen, lieber sollt ihr meine Gäste sein. Sie lachten und meinten, er triebe seinen Spaß mit ihnen. Er aber stellte sein hölzernes Tischchen mitten in die Stube und sprach Tischchen, deck dich. Augenblicklich war es mit Speisen besetzt, so gut, wie sie der Wirt nicht hätte herbeischaffen können, und wovon der Geruch den Gästen lieblich in die Nase stieg.

Speaker 1:

»zugegriffen, liebe Freunde«, sprach der Schreiner, und die Gäste, als sie sahen, wie es gemeint war, ließen sich nicht zweimal bitten, rückten heran, zogen ihre Messer und griffen tapfer zu. Und was sie am meisten verwunderte, wenn eine Schüssel leer geworden war, so stellte sich gleich von selbst eine Volle an ihrem Platz. Der Wirt stand in einer Ecke und sah dem Dinge zu. Er wusste gar nicht, was er sagen sollte, dachte aber, einen solchen Koch könntest du in deiner Wirtschaft wohl gebrauchen.

Speaker 1:

Der Schreiner und seine Gesellschaft waren lustig bis in die späte Nacht. Endlich legten sie sich schlafen, und der junge Geselle ging auch zu Bett und stellte sein Wünschtischchen an die Wand. Dem Wirte aber ließen seine Gedanken keine Ruhe. Es fiel ihm ein, dass in seiner Rumpelkammer ein altes Tischchen stände, das gerade so aussehe. Das holte er ganz sachte herbei und vertauschte es mit dem Wünschtischchen. Herbei und vertauschte es mit dem Wünschtischchen.

Speaker 1:

Am anderen Morgen zahlte der Schreiner sein Schlafgeld, packte sein Tischchen aus, dachte gar nicht daran, dass er ein Falsches hätte, und ging seiner Wege. Zum Mittag kam er bei seinem Vater an, der ihn mit großer Freude empfing. »nun, mein lieber Sohn, was hast du gelernt«, sagte er zu ihm. »vater, ich bin ein Schreiner geworden«. »ein gutes Handwerk«, erwiderte der Alte. »aber was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht«. »vater, das Beste, das ich mitgebracht habe, ist das Tischchen«.

Speaker 1:

Der Schneider betrachtete es von allen Seiten und sagte daran hast du kein Meisterstück gemacht. Das ist ein altes und schlechtes Tischchen, aber es ist ein Tischchen. Deck dich, antwortete der Sohn. Wenn ich es hinstelle und sage ihm, es solle sich decken, so stehen gleich die schönsten Gerichte darauf und ein Wein dabei. Der das Herz erfreut, ladet nur alle Verwandte und Freunde ein. Die sollen sich einmal laben und erquicken, denn das Tischchen macht sie alle satt. Als die Gesellschaft beisammen war, stellte er sein Tischchen mitten in die Stube und sprach Tischchen, deck dich. Aber das Tischchen regte sich nicht und blieb so leer wie ein anderer Tisch, der die Sprache nicht versteht. Da merkte der arme Geselle, dass ihm das Tischchen vertauscht war, und schämte sich, dass er wie ein Lügner dastand. Die Verwandten aber lachten ihn aus und mussten ungetrunken und ungegessen wieder heimwandern. Der Vater holte seine Lappen wieder herbei und schneiderte fort, der Sohn aber ging bei einem Meister in die Arbeit.

Speaker 1:

Ja gut.

Speaker 2:

Ja gut, Also, ich komme da zurück an den Anfang von deinem.

Speaker 1:

Lesen jetzt.

Speaker 2:

Er hat also die Zeit, wo er fortgejagt wurde. Er hat diese Zeit gut genutzt und ist schreinig geworden und ist Schrein geworden, und er hat ein Abschiedsgeschenk. Also scheinbar ging man da nach der Lehre, ging man da in die Welt hinaus, also ging man wandern oder als Schreiner wandern, Und da bekommt er dieses Tischchen. Deck dich Also ich weiss, mir fällt dazu nicht so wahnsinnig viel ein mit diesem. Ich verstehe nicht, warum er dieses Geschenk bekommt, und also es hilft ihm einfach. Es ist eine quasi eine mütterliche Gabe, ein Introjekt. Er wird nicht hungern müssen, er wird immer etwas zu essen haben, und das ist ja die Nahrung auch. Das können wir auch übersetzen als eine Nahrung, als Introjekt.

Speaker 2:

Auf diese Art und Weise kann man in die Welt hinausgehen Mit dieser Zuversicht, eigentlich genährt zu sein, mit dem, was man braucht, um weiterziehen zu können oder um sein Leben gestalten zu können. Ich kann mir das nur so vorstellen. Er bekommt eigentlich ein mütterliches Interjekt mit auf den Weg. Dieses wird ihm aber dann wieder genommen, und zwar im Vorfeld des besuches zum vater. Also das finde ich ganz speziell, dass er eigentlich quasi vor der tür des vaters verliert, er dieses introjekt wieder und stellt sich bloß, und ich habe gewartet darauf, dass der vater ihn ein zweites mal wegschickt, weil er ihn jetzt blamiert hat vor der ganzen Verwandtschaft. Aber das macht er nicht. Er sagt, es heisst einfach, der Vater holte seine Lappen wieder herbei und schneiderte fort, und der Sohn geht wieder weg, aber im Vorfeld, also quasi vor der Haustür zum Vater ist dieses Introjekt wieder weg.

Speaker 1:

Wie siehst du das? Und daran sieht man, weil wir hatten es ja von der Entwicklung des Vaters. Der Vater hat sich entwickelt. Aus dieser narzisstischen Wut, also das auszulöschen, was ihn nicht befriedigt, und zu entwerten, wird so eine milde Enttäuschung. Aber er kann anders damit umgehen. Er bleibt in der Beziehung zu seinem Sohn. Mir fällt dazu noch was anderes ein. Das ist ja auch manchmal so, dass Patienten so daran festhängen bleiben, was sie alles von den Eltern nicht bekommen haben, und die Eltern sind sozusagen für den Rest des Lebens an allem schuld. Und manchmal oder auch sogar häufiger ist es ja so, dass die Eltern sich im Laufe ihres Lebens vielleicht auch weiterentwickelt haben, und die Kinder kriegen es nicht mit. Ja, das habe ich immer wieder auch in den Kindertherapien erlebt, dass die Eltern sagen jetzt machen wir doch schon alles anders, wir haben es doch verstanden, und wir sind doch anders, aber unser Kind behandelt uns immer noch so, als wären wir noch sozusagen wie früher. Das spiegelt sich hier auch. Also, die Bewältigung der eigenen biografischen Erfahrungen ist die Aufgabe des Sohnes. Der Vater hat seine Aufgabe schon ein bisschen gemeistert, er hat sich ein Stück gewandelt, aber der Sohn hat sich offenbar nicht gewandelt, nicht ausreichend, sondern er hat etwas kompensiert, und diese Kompensation bricht zusammen bei der Rückkehr zum Vater. Bei der Rückkehr zum Vater. Das ist ja auch etwas so, was wir in der Entwicklungspsychologie finden. Es gibt ja sozusagen in der Adoleszenz das raus in die Welt, und ach, die Eltern, und so brauchen wir alles nicht mehr, und so weiter. Und dann kommen irgendwann vielleicht die eigenen Kinder, oder im späteren Erwachsenenalter gibt es ja auch wieder eine Hinwendung zu den eigenen Eltern, idealtypischerweise Manchmal auch nicht, aber innerlich schon In, aber innerlich schon in irgendeiner Form wird das ja wieder reaktiviert. Das lässt sich nicht verhindern, also besonders da nicht, wenn man selber auch wieder Kinder bekommt. Jetzt springe ich wieder zurück.

Speaker 1:

Warum dekompensiert der Junge sozusagen, als er zurückkehrt, oder der junge Mann, er hat ja viel geleistet, er ist raus in die Welt gegangen, er ist übrigens auch nicht Schneider geworden, habe ich mit einem Klingen unterschätzt. Er ist nicht Schneider geworden. Er hat es geschafft, eine eigene Form der Individuation zu finden, obwohl ja bei Handwerkern ja häufig Vater, Sohn und Sohn. Also Handwerk wird weitervererbt und sowas. Er hat es geschafft, einen eigenen Weg zu gehen, und er bekommt vom Vater auch ein Stückchen Anerkennung. Es ist ein ehrbares Handwerk.

Speaker 1:

Und noch etwas der eigene Vater oder die Beziehung zum Vater in der Adoleszenz war defizitär offensichtlich, die hat nicht ausgereicht, aber der Junge hat es geschafft, sich einen Ersatzvater zu suchen im Ausbilder, im Meister des Handwerks, von dem er gelernt hat. Also, offenbar gibt es eine positive Vaterfigur, die auch etwas Mütterliches hat, weil sie gibt ihm eine Gabe mit. Das finde ich spannend, spannend. Aber Jeannette, ich glaube, es ist die falsche.

Speaker 1:

Ja, weil diese Jungs gehen ja mit einer zutiefsten Verletzung des Selbstwerts, werden sie nicht entlassen aus der Bindung in die eigene Unabhängigkeit, in die eigene Individuation, sondern die Bindung wird durchtrennt, und diese Verletzung tragen alle drei mit sich herum, und die finden, wie wir im zweiten Teil sehen werden, alle drei unterschiedliche Formen der Kompensation, und hier würde ich sagen das Tischlein deckt dich, ist die orale Kompensation, also die Verletzung, die Wunde und die Leere kompensiert dieser älteste Sohn mit der Überversorgung, also über viel.

Speaker 1:

Es könnte auch jemand sein, der zu viel isst, tatsächlich, oder zu viel raucht, oder zu viel Genussmittel oder so, der sozusagen diese Wunde versucht zu überdecken mit einer perfekten Versorgung. Der wird gut genährt sein, der hat vielleicht auch eine Partnerin, die ihn hervorragend versorgt und immer um ihn besorgt ist, und so weiter. Aber es löst sein Problem nicht, und deswegen kann er sozusagen diese Kompensation auch durch die Entwertung, die der Wirt vornimmt er nimmt ihm ja diesen Wert wieder weg. Das ist eine Wiederholung dessen, was der Schneidermeister mit dem Sohn gemacht hat. Das wiederholt sich beim Wirt, und ich glaube, dass es tatsächlich so ein Stück ist, dass diese Figuren alle Aspekte der Vaterbeziehung sind, unmittelbare Trennungsaggression von dem Vater, und es gibt eben dieses narzisstische Entwerten des Wirts, der sozusagen retraumatisiert, regelrecht eigentlich, und dadurch kommt die Dekompensation. Ich glaube, die Dekompensation kommt deswegen zustande, weil diese orale Kompensation mit ich stopfe mein Loch, mit Überversorgung, die reicht nicht.

Speaker 2:

Ja, das finde ich einen guten Gedanken. Das würde auch wieder zur Ziege zurückführen. Die gesättigte Ziege wird ja dann auch wieder zur ungesättigten. Die kann nicht gesättigt bleiben, die muss sofort wieder ungesättigt sein. Und den Mangel als Beziehungsangebot muss sie den Mangel einbringen. Es ist nicht ein gesättigtes Beziehungsangebot in der Sättigung, sondern der Mangel ist quasi die Beziehung, Und das stimmt. Also, das finde ich interessant. Also diesen Schwenk, den du gemacht hast, finde ich sehr interessant, Und das Orale auch. Ja, das kommt am Anfang schon rein. Was ich aber noch ein bisschen betonen möchte, ist er versorgt andere.

Speaker 1:

Oh ja stimmt.

Speaker 2:

Er versorgt sich schon auch, aber er versorgt vor allem andere. In diesem Wirtshaus ist er ja wahnsinnig grosszügig, und dann möchte er ja auch zu Hause mit der Verwandtschaft. Er sagt, nicht nur sein Vater und er sitzen jetzt an diesem Tischlein, deck dich, sondern gerade die ganze Verwandtschaft wird da eingeladen. Also es ist hier auch etwas von dieser Grosszügigkeit drin, also nicht nur dieses orale Verschlingen quasi und dick werden daran, sondern er verausgabt auch grosszügig, und ich würde das auch in den Zusammenhang setzen mit diesem Mangel. Man kann den Mangel versuchen aufzuheben, indem man den Mangel der anderen stopft Oder den vermeintlichen Mangel der anderen stopft. Und was mir auch noch aufgefallen ist, ist, er sagt also, es steht geschrieben, er wollte zu seinem Vater zurückkehren, sein Zorn würde sich gelegt haben, und mit dem Tischchen deck aus, dass er zornig auf den Vater sein könnte, weil er ja so ungerecht behandelt wurde, sondern er geht eigentlich so in der adolescenten Form. Ich finde das super spannend, dass du sprichst von der Versorgung anderer.

Speaker 1:

Das war mir bisher nicht so bewusst. Das passt absolut. Er geht so in die altruistische Abtretung, würden wir da psychoanalytisch vielleicht sagen? Also er kümmert sich um die anderen und hofft, dadurch seinen Selbstwert stabilisieren zu können, dass er von den anderen dafür geliebt und wertgeschätzt wird zu können, dass er von den anderen dafür geliebt und wertgeschätzt wird.

Speaker 2:

Ja, einerseits das, aber andererseits müssen wir auch sagen, wenn wir zur Ziege zurückgehen, damit die Ziege diese Familie, diese drei Söhne und den Vater, versorgen kann, muss man auch die Ziege versorgen. Also, es ist auch eine außerhalb von Pathologie ist es auch einfach eine Tatsache in unserem Leben, dass wir abhängig sind von Ziegen und von Kräutern, die diese Ziege dann frisst, und von der Natur. Also Dalai Lama hat ja gesagt, nichts ist unabhängig, oder also, dass wir das auch schätzen und respektieren, lernen und achten lernen, also wie, dass wir eine Ziege halt gut ernähren müssen, damit sie auch wieder gut ernährt, und zwar nicht in einem quasi in einem kapitalistischen Sinne des Profites, der die ziele muss, ja nicht mehr als diese vier personen, aber als bindungs dynamik ja.

Speaker 1:

Also ich finde finde auch wirklich noch mal betonen ist, glaube ich, wirklich wichtig der Junge ist nicht abgelöst. Ich sage schon, junge, nicht Mann. Der versucht eigentlich, in das alte Muster zurückzukehren, in der Sehnsucht nach der Anerkennung des Vaters.

Speaker 2:

Genau so kehrt er zurück mit diesem Tischlein deck dich. Und das wäre ja die ultimative Anerkennung, oder?

Speaker 1:

Endlich ja, und da ist auch kein Wandel drin. Die Ziege muss oral befriedigt werden, eigentlich, wenn man so will. Und er kommt mit der oralen Befriedigung und sagt, ich habe die bessere Ziege.

Speaker 2:

Ja ja.

Speaker 1:

Also, da gibt es noch nicht mal eine Veränderung. Also, er bleibt noch sozusagen triebtheoretisch auf der frühesten Stufe, auf der oralen Stufe bleibt er stehen. Also da ist noch nicht viel Entwicklung passiert. Innerlich.

Speaker 2:

Äußerlich hat er viel erreicht, und man muss sich eben das finde ich jetzt auch ein bisschen kritisch um die Ziege muss man sich kümmern, damit sie Milch gibt. Also das Tischchen, da muss man nichts machen, man muss nur aufstellen und diesen Spruch sagen Also das ist ein Gegenstand geworden, ein magischer Gegenstand, so eine Art ein Fetisch, oder Ja, es ist keine Bindung mehr vorhanden. Und mit diesem versucht er. Also er gibt dem Vater eigentlich einen Fetisch, der dann letztendlich auch nicht funktioniert. Er gibt dem Vater nicht Bindung, er bringt dem Vater Leistung.

Speaker 2:

Also der Sohn hat jetzt etwas Besonderes, und das finde ich dann eigentlich sehr schön, dass es nicht funktioniert. Das finde ich ein schön, dass es nicht funktioniert. Das finde ich ein schönes Bild, dass ihm dieses Tischchen abhanden gekommen ist, und der Vater schneidert fort, und der Sohn. Jetzt geht der Sohn unabhängig, also er geht eigenständig aus dem Haus. Das finde ich ein grosser Schritt. Vorher wurde er aus dem Haus gejagt, jetzt ist es seine Entscheidung, aus dem Haus. Das finde ich ein grosser Schritt. Vorher wurde er aus dem Haus gejagt, jetzt ist es seine Entscheidung, aus dem Haus zu gehen, weil er hätte ja auch bleiben können. Der Vater ist da, die Ziege ist wahrscheinlich auch noch da, die Haare sind inzwischen nachgewachsen, nehme ich an, und er aber geht, und zwar nicht einfach so auf die Strasse, er geht zu einem Meister. Also das heisst ich verstehe das so also, dass er das Handwerk des Schreiners jetzt noch, er will noch zum Meister werden für dieses Handwerk. Also ich verstehe, das hierarchisch so.

Speaker 2:

Also, das ist nochmal eine Hierarchiestufe.

Speaker 1:

Ja, ja, ja, entwickelt sich vielleicht da auch irgendwann, ne. Ja, Ja, ich würde vorschlagen, wir machen an der Stelle einen Cut, dann sind wir, glaube ich, nämlich auch ungefähr in der Mitte des Märchens und gucken uns die zwei weiteren Lösungsversuche in der nächsten Episode an. Jeannette, was meinst du?

Speaker 2:

Das finde ich eine sehr gute Idee.

Speaker 1:

Ja, dann machen wir das so. Liebe Zuhörerin, lieber Zuhörer, wenn dir diese Episode gefallen hat, dann überlege doch einmal, ob du nicht diesen Podcast auf deiner liebsten Podcast-Plattform abonnierst, und hinterlasse uns doch gerne auch mal eine Bewertung, klicke Sterne, schreibe Rezensionen. auch das macht diesen Podcast etwas sichtbarer. das wäre uns sehr hilfreich und auch wichtig. Ansonsten kannst du gerne schreiben unter heimhermes-institutcom, stichwort Tiefenseele, falls du uns Rückmeldung geben möchtest oder Anregungen für weitere Märchen oder Themen, die wir hier in diesem Podcast besprechen sollen. In diesem Sinne sage ich schon mal bis zum nächsten Mal.

Speaker 2:

Ich verabschiede mich auch Bis zum nächsten Mal. Danke sehr fürs Zuhören und für Ihr Interesse, und ich freue mich auf unser weiteres Gespräch. Johannes, danke.